Zum Hochfest Maria Himmelfahrt - Patrozinium der Marienkirche in Kirchheim

Leben heißt beständiges unterwegs sein. Im Leben ist man nie fertig. Jeder Tag ist neu und anders, immer wieder neue Gesichter, neue Aufgaben, neue Erfahrungen und Erlebnisse. Leben heißt unterwegs sein. Doch unterwegs wohin? Wohin geht die Reise? Was ist das Ziel? Was ist der Sinn des Lebens?

Wer sich diesen elementaren Fragen des Lebens stellt, der darf sich eingeladen fühlen, mit Maria unterwegs zu sein. Mit ihrem bereitwilligen Ja ging sie ein Wagnis ein gegen alles, was damals und auch heute üblich und gängig war und ist. Sie glaubte Gott mehr als den Menschen. Glaubend mit Maria unterwegs zu sein, das heißt, kein außengeleiteter Mensch zu sein, kein Mensch, der einfach nachplappert, was man heute so sagt. Mündige und freie Menschen können wir nur dann sein, wenn wir uns offenhalten für die Stimme, die in uns spricht, wenn wir auf unser Gewissen hören.

Es gibt nicht nur Entdeckungsfahrten nach außen, man kann auch Entdeckungsfahrten zu sich selbst machen, eine Reise ins eigene Innere. Dabei werden wir eine leise, aber doch unüberhörbare Stimme entdecken, die mahnt und warnt, die lobt und tadelt. Diesem inneren Kompass, der jedem von uns mitgegeben ist, dürfen wir vertrauensvoll folgen.

Maria hörte auf die innere Stimme Gottes – und sie sagte Ja zu dem Weg und zu der Aufgabe, die ihr ganz persönlich anvertraut wurde. Maria war glaubend unterwegs, um auf die Stimme Gottes zu hören. Das Entscheidende dabei ist: Sie war unterwegs zu Gott. Sie ist aufgebrochen und hat sich auf den Weg gemacht, weil Gott es so von ihr wollte und weil sie bereit war, sich ganz für Gott und sein Reich in Dienst nehmen zu lassen. Weil Maria so geglaubt hat, wird sie seliggepriesen. (vgl. Lk 1,45)

Aus: Laacher Messbuch 2020

Beschreibung der Kirche

Die Marienkirche wurde von 1960-1962 gebaut und bietet Platz für 230 Besucher. Eingeweiht wurde sie am 21. Juni 1964 von Bischof Dr. Carl Joseph Leiprecht. Betritt man die Kirche, fällt der Blick zuerst auf den Altar und den großen aus Holz geschnitzten Flügelaltar an der Wand. Dieses Kunstwerk ziert seit 1988 die Chorwand. Der Bildhauer Franz Donner aus Graz (Österreich) hat dieses von der Gemeinde in Auftrag gegebene Werk geschaffen. Der Flügelaltar ist 4 Meter hoch, aufgeklappt 3 Meter breit und wiegt rund 400 kg und hat die Geheimnisse des Rosenkranzes zum Inhalt. Wer genau hinschaut erkennt aber auch Gebäude aus der Umgebung wie z. B. die evangelische Mauritiuskirche und das Kirchheimer Rathaus; die Pfarrkirche Heilig Kreuz und die evangelische Cyriakuskirche aus Bönnigheim sowie den Michaelsberg. Hätte es damals schon die Seelsorgeeinheit „Mittlerer Neckar Michaelsberg“ gegeben, so hätte der Künstler sicher auch zu Besigheim oder anderen dazugehörigen Orten einen Bezug hergestellt. Die dargestellten Personen – z.B. Handwerker und Wengerter mit ihren Handwerkszeugen – stellen die Verbindung zur Gegenwart her. Das Leben Jesu ist nicht eine historische Gegebenheit, die 2000 Jahre zurückliegt und uns heute nichts mehr angeht. Sondern Jesus ist immer gegenwärtig. Der Gekreuzigte hängt an einem Baum mit großen Wurzeln. Die rote Altarrückwand, die farblich den Bezug zum Kreuzweg herstellt und erst 1998 angesetzt wurde, schafft die Verbindung zwischen dem Kreuzesbaum und dem Tabernakel.

Fensterwand in der Marienkirche

Dem Altar gegenüber – an der Rückwand der Kirche zwischen den beiden Eingangstüren – befindet sich eine eindrückliche Fensterwand. Sie besteht aus ca. 2 cm dicken Kunstgläsern und zeigt die Wirkung des Heiligen Geistes. Der Künstler hieß Otto Eberle und kam aus Schwäbisch Gmünd. Er wollte beim Eintritt und beim Austritt aus dem heiligen Raum eine ständige Erinnerung daran mitgeben, dass wir durch die Wirkung des Heiligen Geistes lebendige Christen sein dürfen.

Oberlichter in der Marienkirche

Mit diesem großen Fenster korrespondieren die farbigen Fenster, die auf beiden Seiten von oben Licht ins Innere fallen lassen. Auch diese wurden seinerzeit von Otto Eberle entworfen und durch die Glaswerkstätte Hartmut Neumann in Bietigheim ausgeführt. Sie thematisieren die Anrufungen der Lauretanischen Litanei, sind also ein Lobgesang auf die Gottesmutter. Diese acht Fenster wollen ein Versuch sein, die Betrachtungen über Maria durch einfache Symbolbilder zu unterstützen und durch bunte Farbenfreudigkeit zum Singen der Lauretanischen Litanei anzuregen.

Kreuzweg

Das jüngste Kunstwerk in der Marienkirche ist der Kreuzweg. Er wurde erst 1998 nach einer umfangreichen Renovierung installiert. Der leider bald darauf verstorbene Künstler Michael Münzer hat ihn entworfen. An jeder Wand hängen in Augenhöhe je sechs Bilder, eines davon jeweils zwei Kreuzwegstationen enthaltend. Die abstrakte Darstellung, gestaltet aus einer Mischtechnik aus Kohle, Kreide, Lack und Ölfarbe auf Holz erfordert vom Betrachter ein tiefes Nachdenken. Die Gestalt Jesu ist nur schemenhaft zu erkennen, umso mehr das Geschlagene, Gedemütigte, Gequälte. Die in Braun- und Grautönen gehaltenen Bilder haben jeweils einen roten Akzent, der den Bezug zum roten Altarkreuz herstellt.